2024, Regie: Michale Sarnoski
Regiewechsel und Prequel – das war nicht gerade das, was Fans sich vorgestellt hatten, als die ersten Details zum nun dritten Eintrags in die “A Quiet Place”-Reihe veröffentlicht wurden. Immerhin war John Krasinski als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller klar treibende Kraft hinter dem Überraschungserfolg, der das Endzeit-Genre endlich wieder liebevoll bediente. Wer genauer hinsah bemerkte jedoch den Namen „Michael Sarnoski“, welcher zuvor in dem etwas nischigen „Pig“ einen verwahrlosten Nicolas Cage auf eine Reise durch die kulinarische Unterwelt schickte, wodurch er seinen Schauspielerruf entstauben durfte (ein wirklich interessanter Film irgendwo zwischen Rache-Persiflage und Melancholie). Das könnte ja doch interessant werden, dachte man.
Für den ein oder anderen ist der zweite Teil sowieso nicht mehr originell genug gewesen; abgesehen von dem ersten Akt, der einen spektakulärer Blick zurück warf auf den Tag an dem die übermächtigen, geräuschsensiblen Raubtier-Aliens die Erde überrannten. Kann nun also “A Quiet Place: Day One”, der sich dem selben Zeitfenster widmet, ähnliches bewerkstelligen? In voller Spielfilmlänge?
Das schafft er und schafft es gleichzeitig nicht. Auch dieser Teil baut eine fesselnde Atmosphäre auf, erneut bangt man um jedes leiseste Geräusch, wir finden uns klar in der selben Welt wieder, jedoch merkt man früh: Es fühlt es sich alles deutlich weniger intensiv an als bei den Vorgängern, obwohl wir uns doch inmitten des Spektakels befinden.
Das liegt in Teilen an dem stellenweise leicht zähen Tempo, dem sehr lockeren Spannungsbogen und dem Fehlen der parallelen Handlungsstränge – aber auch einfach daran, dass hier ein anderer Ansatz verfolgt wird: Schon in der ersten Szene lernen wir, dass Lupita Nyong'o in der Hauptrolle eine verdrossene Hospizbewohnerin verkörpert, die sowieso nicht mehr lange zu leben hat. Es gibt dieses mal also keinen mitreißenden Überlebenskampf einer sympathischen Familie, stattdessen folgen wir hauptsächlich einer abweisenden Einzelgängerin mit Katzenbegleiter (ein richtiger Showstealer) bei der es manchmal schwer fällt an ihr zu hängen, so wie sie auch kaum an ihrem Leben zu hängen scheint.
Während es in den Vorgängerfilmen im Kern um das unbelehrbare „Weitermachen“ ging, um die Selbstverständlichkeit ein schreiendes Baby in diese lebensfeindliche Welt zu setzen, dreht es sich nun um eine andere Form des Trotzes. Samira sucht nicht nach Schutz und Rettung wie die anderen Überlebenden, sondern marschiert in die entgegengesetzte Richtung, innerhalb der Domäne des Todes, denn für sie zählen nur noch die paar letzten Augenblicke und wie sie sich diese vorgestellt hatte, egal wie banal der Wunsch auch sein mag.
Diesen Versuch will ich den Autoren anrechnen und am interessantesten ist der Film auch in den Momenten, in denen sich durch sie eine neue Perspektive eröffnet, wenn sie am zerstörten Straßenrand an den Seiten eines Buches riecht, wenn Kleinigkeiten sie innehalten lassen, wenn sie ein bisschen angstfreier zwischen den Welten wandeln darf, so wie ihre Katze, und mit derlei Assoziationen gespielt wird. Aber richtig viel Tiefgang erreicht das Ganze selten. Meistens liegt über allem eher eine Gefühlskälte und Schwere, und dann im nächsten Moment wird man ja auch herausgerissen, weil die nächste Gefahrensituation durchlaufen werden muss – und dann die Nächste.
Dabei verbleibt Samira auch relativ unverändert, eigentlich alles an Geschehnissen und Begegnungen ist mehr oder weniger belanglos. Erst in der zweiten Hälfte kommt eine zentrale neue Figur dahergelaufen, wie ein verlorener Hund gespielt von Joseph Quinn (Stranger Things) und die Handlung nimmt ein wenig Gestalt an. Er ist auch eher derjenige der eine Art Aufgabe erhält. Doch das alles passiert etwas spät, Entwicklungen laufen zu spontan ab und fallen mager aus. Die zwei Darsteller liefern gut ab, aber die Handlung ist eher dünn, die Rollen und ihre kurze Zeit miteinander geben nicht genug her.
In den ersten beiden Teilen wurde auch mehr non-verbal kommuniziert, oder es stand Unausgesprochenes im Raum, in “Day One” dagegen will die ehemaliger Dichterin Samira gar nicht mehr reimen, und die Autoren unternehmen irgendwie kaum den Versuch, damit zu arbeiten. Wenigstens ein letztes Gedicht hätte man sie doch noch schreiben lassen können.
Optisch ist der Film wirklich solide, ein wenig dröge, auch der Verlagerung in die Großstadt geschuldet, aber dennoch ansprechend. Horror- und Jagdsequenzen sind nur in Ordnung, aber diese Filme erzeugen den Nervenkitzel sowieso über ein das Zusammenspiel ihrer Elemente. “Day One” liefert leider keine besonders einprägsamen, spektakulären Bilder, eben auch kaum etwas was die Reihe als Gesamtwerk großartig erweitert, aber unterhalten fühlte ich mich trotzdem und einige der Ideen werden doch im Gedächtnis hängen bleiben. Erwartet vielleicht weniger Cloverfield und mehr Alien 3.